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Robert Rotifer

ÜBER UNS

 

Robert Rotifers „Über uns“ hat eine recht private und fast banale Geschichte, was nun, da dieses Album uns in seiner poetischen Wucht und hellsichtigen Traurigkeit vorliegt, gar nicht  so leicht zu glauben ist.

 

Robert Rotifer ist einer unserer paar Freunde, die immer hier in Erdberg vorbeischauen dürfen. Das liegt daran, daß solche Freunde im Ausland leben und sehr plötzlich aufzutauchen vermögen. Bliebe unsere Tür verschlossen, könnten sie schon anderntags wieder verschwunden sein. Im Falle Roberts nach Canterbury. Das ist nach London schon sein zweiter Lebensmittelpunkt im Vereinigten Königreich, wohin er vor zwei  Jahrzehnten mit seiner Frau Judith ausgewandert ist, um eine Familie zu gründen und den Ort seiner Sehnsucht zu überprüfen. 

 

Man darf Robert Rotifer keinesfalls versäumen.

 

Also stehe ich, wenns sein muß, aus dem Bett auf, finde irgendwo Tabak und etwas zu trinken und sitze im nächsten Moment mit ihm am Feuer, wo er dann erzählt, erzählt und erzählt, immer ein bisschen müde und dennoch stets hellwach. Irgendwann ist mir aufgefallen, daß sein gepflegtes, kluges Hochwienerisch, unverändert seit zwanzig Jahren, längst eine historische Sprache ist, geformt in den 1980ern und historisch leider auch deshalb, weil ihre Intelligenz und ihr Witz hier eigentlich schon Geschichte sind.

 

Ob er nicht einmal ein Solo-Album in seinem Wiener Deutsch aufnehmen wolle, habe ich ihn in einem Anfall der Kühnheit gefragt. Natürlich genau wissend, wieviele brillante und völlig „unösterreichisch“ englische Songs Robert Rotifer in den letzten Jahren veröffentlicht hat, auf Platten die ihn in mehreren ebenfalls „unösterreichischen“ Musiköffentlichkeiten bekannt gemacht haben. 

 

Darum erwartete ich eine geschliffene Absage, als Robert sagte. Das mach ich gern! Und schon, war er verschwunden, Richtung England. 

 

Dann kamen die Songs, so im Wochentakt. Nach und nach erst begriff ich, daß es diese Entscheidung der Engländer war, doch nicht so wirklich zu Europa  zu gehören, die Roberts Verstörtheit , seine Trauer und seinen Zorn und damit die Songs hervorbrachte, die ich hier in Wien hören konnte. Aus einem siegreichen, weil irgendwie davongekommenen Auswanderer war geworden, was Dylan in „I Pity The Poor Immigrant“ besingt.

 

Dies und noch viel mehr  können wir jetzt auf  „Über uns“ hören. Ein wunderschönes Deutsch, gesungen in einer Brüchigkeit, die ihre Gründe hat. Begleitet von feinem, oft fast schwebenden Fingerpicking auf einer meisterhaft beherrschten Gitarre. Ein Album, das Orte der Totenstille hat und doch so viel erzählt.  Ein ruhiger Ort inmitten des Weltzyklons. Wir kennen natürlich die Zukunft nicht, wissen nicht, wie es mit England weitergeht oder was  Robert Rotifer und die Seinen tun werden.

 

Aber wir haben diese wunderbare Platte. Charlie Bader und ich sind stolz und aufgeregt, sie auf Bader Molden Recordings herauszubringen.

 

Ernst Molden

Wien, Juli 2017

Lebenslauf

Robert Rotifer, Jahrgang 1969, wuchs in Wien auf, verbrachte dort die mittleren Achtziger bis Neunziger in diversen Bands und Plattenläden, wurde zwischendurch Musikjournalist und Radiomensch, zog 1997 nach London und machte dort genauso weiter. Seit 2004 wohnt er in Canterbury und pendelt bei Bedarf in die Pop-Hauptstadt. In seinem Büro/Studio/Sauhaufen entstehen Artikel, Sendungen, Radiobeiträge, aber auch jede Menge Songs. Nebst seinen Kollaborationen mit anderen Künstlern (John Howard & The Night Mail, Papernut Cambridge, Darren Hayman etc.), hat Rotifer seit 2001 acht Alben veröffentlicht. 2017 erscheint “Über uns”, sein erstes auf deutsch, bei Bader Molden Recordings.

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